Es gibt auch gute Preußen.Aber sie müssen dann schon weiblich sein: Marion Dönhoff war (schon am Montag, aber es liegen hier noch ältere Zeitungen zum Nachlesen...) die Aufmacherin in der Serie der Süddeutschen. Geschrieben hat Haug von Kuenheim: "Sie verlange Augenmaß, Toleranz und die Bereitschaft, sich selbst nicht so wichtig zu nehmen. Die von vielen an der Zeit so geschätzte Debattenkultur geht auf Marion Dönhoffs Haltung zurück, Meinungsverschiedenheiten offen und kämpferisch auszutragen, den Leser entscheiden zu lassen, welchen Argumenten er folgen will. „Wegen solcher Debatten“, schrieb Riehl-Heyse, „hat eine ganze Generation junger Leute die Zeit gelesen.“ "
Objektivität ist Schweinerei.in der SZ-Serie über große Journalisten schreibt (schon am Dienstag, da bin ich heute nachtragend) Michael Frank über Jospeh Roth: "Kisch, der leidenschaftliche Rechercheur, vertritt das Ideal der höchstmöglichen Objektivität. Roth, der sich nie vor dem Wörtchen „ich“ scheut, vertritt das Gegenteil: Er hält Objektivität für Chimäre, predigt und lebt in seinem journalistischen Werk die Subjektivität. Er geht so weit, schon den Anschein, um reine Objektivität bemüht zu sein, als Fälschungsversuch an der Wirklichkeit zu brandmarken: „Objektivität ist Schweinerei,“ exekutiert er das Bemühen der Kollegenschaft. Texte, die den Wahrheitsanspruch stellen, kommen ihm geradezu verbrecherisch vor. Ihm scheinen nur solche Sichtweisen für den Leser zumutbar, die erkennbar das „ich“ des Berichterstatters oder Deuters durchlaufen haben, die eindeutig von dessen Welt- und Wertvorstellungen berührt und damit gleichsam veredelt oder geadelt wurden, sich damit aber auch als Kunstprodukt jenseits der reinen Wirklichkeit offenbaren. Der Unterschied allerdings zum Schwall des Subjektivitätsgeschwafels heutiger postmoderner Ich- Poeten ist tief: So rastlos, wie er schrieb, fraß Roth Informationen in sich hinein, wusste über entlegendste Ereignisse oder abseitigste Theorien seiner Zeit Bescheid – verwechselte also Subjektivität nicht mit Ahnungslosigkeit."
Berliner Zeitungshickhack.Der Spiegel meldete es zuerst, heute steht es auch in der Süddeutschen: Sollten der Berliner "Tagesspiegel" (Holtzbrinck) mit der "Berliner Zeitung" (vormals Gruner +Jahr) mit Sondergenehmigung doch fusionieren, so könnte der Springer-Verlg die eh schon defizitäre "Welt" nebst "Berliner Morgenpost" einstellen. "Das ist doch mal eine gute Nachricht", kommentiert der in Berlin Neukölln lebende Herr Kantel...
Virtuelles und reelles Leid.Den einen geht die Datenbank ab und macht den Rollberg (er rollt wieder auf anderem Server) platt, den anderen bleibt das Auto (Werbespruch:"Das Abenteuer beginnt, wo die Straße endet.") stehen. Natürlich nicht irgendwo, sondern bergauf in der Kurve in der Pampa. Selbstverständlich hatte es kurz zuvor begonnen zu regnen, und eisekalt war es auch (drei Grad, gerade noch über Null). Da die Mobilfunkbetreiber aber ihre Aktivitäten auch über dem Nationalpark Sächsische Schweiz nicht auslassen, war Hilfe schnell gerufen - und sie kam sogar erstaunlich schnell. Leider konnte der freundliche Herr nur feststellen, dass er nichts machen konnte, aber er rief den Kollegen mit dem Abschleppwagen. Und der brachte uns zurück nach Dresden. Wie romantisch...
Das Abenteuer beginnt, wo die Straße endet. Aufgenommen am 18.4.2003, 17.28 Uhr zwischen Lohmen und Pirna. Bild: UVS
Unkritische Distanz.Nachlese aus medienkritischer Sicht zur Olympia-(Vorauswahl-)Kür in der Süddeutschen, die mal wieder zu recht das unjournalistische Mitmachen von Leuten der Journaille bemeckert: "Drei Hauptbewerber und drei Segelbewerber haben Journalisten in ihre Kampagnen eingebettet. Die Idee dahinter: Journalisten sind Vermittler von Nachrichten. Was sie sagen, scheint eher objektiv zu sein als etwa das Wort eines Schauspielers. So saßen also Johannes B. Kerner und Reinhold Beckmann im Film der Hamburger Bewerbung herum und sagten freundliche Dinge über die Hansestadt. ... Sicher ein Coup der Hamburger, doch bleibt die Frage, ob Kerner (ZDF) und Beckmann (ARD), die auch für die Sportredaktionen ihrer Sender arbeiten, mit dieser klaren Festlegung nicht in einen Interessenskonflikt hinsichtlich objektiver Berichterstattung geraten könnten. Oder ob sie es nicht bereits sind." Wieso ist da noch eine Frage offen? Sie sind injeladen und mittenmangst dabei...
PS: Die Sieger Leipzig und Rostock hatten auf Präsentations-Journalisten verzichtet.
"...oder darf's was Besseres sein?"Sie SZ-Serie über bemerkenswerte Journalisten berichtet in der neuen montäglichen Folge über den "Mann, der alles konnte und das alle spüren ließ. Wie in seiner Nähe „mancher journalistische Adler zum Suppenhuhn verglühte“ (Manfred Bissinger). Und den, in später Genugtuung, seine Stern-Kollegen im Interview zum 80. Geburtstag endlich fragen durften: „Müssen Chefredakteure Tyrannen sein?“
Er war ein Tyrann. Perfektionistisch bis zum Anschlag, einsatzfreudig bis zum Andruck, einfallsreich bis zum Asbach. Legendär seine Idee, mit der er den Anzeigenboykott des Weinbrandherstellers brach. Im wöchentlich erscheinenden Fortsetzungsroman ließ er einem Gast nun immer etwas zum Trinken anbieten. Mit den Worten: „Mögen Sie einen Asbach oder darf’s was Besseres sein?“ " Dies alles und noch viel mehr schreibt Annette Ramelsberger über Henri Nannen...