Verheerend.Uwe-Karsten Heye, 62, ist lange Gerhard Schröders Mann für die Presse gewesen. Nun plaudert er in der Süddeutschen Zeitung mit Ingo Fischer einen lesenswerten Beitrag lang, und wir erfahren: "Der Trend geht dahin, alles so schnell und so preiswert wie möglich zu produzieren. Darunter leiden Gründlichkeit und Intellektualität. Oft wird das Gegebene unreflektiert übernommen und nur vordergründig berichtet, statt sorgfältig die Hintergründe zu analysieren. Der Online-Journalismus hat diesen Trend verstärkt. Die Verleger glauben offenbar, den fahrlässig herbeigeführten Qualitätsverlust leicht wieder aufholen zu können, indem später wieder mehr Journalisten eingestellt werden. Aber diese Denkweise ist verheerend."
Bild am Sonntag.Der Markt von Pirna war vor 250 Jahren schon dem Herrn Bernado Bellotto, den sie Canaletto nannten, ein Bild wert. Zwischen 1753 und 1755 malte der Mann aus Venedig im königlichen Auftrag insgesamt elf Veduten und mindestens 15 Repliken. Das schmückt Pirna und hebt es rein bildmotivmäßig auf eine Stufe mit Venedig, Rom, Wien, Warschau und Dresden.
Der Marktplatz zu Pirna sieht heute im Prinzip immer noch so aus wie vor 250 Jahren: mit Rathaus, Marienkirche, dem heute nach dem Maler benannten Canalettohaus und dem Schloss Sonnenstein oben auf dem Elbsandstein.
Canaletto hatte es übrigens einerseits gut: Das Bild entstand im Sommer (kurze Schatten, lockere Kleidung), es gab keine Autos und auch keine störenden Strommasten – und er hatte einen guten Standpunkt erwischt. Eine Digitalkamera mit Weitwinkel hatte er auch nicht, sondern eine Camera Obscura - und mit der konnte er fast so etwas wie ein Panoramabild verzerrungsfrei hinbekommen. Unser Bild entstand aus schlechterer Perspektive, weniger Panorama und bei gefühlten Temperaturen von Sibirien. Aber schön ist es dennoch im Pirna, das sich nach der Flut wieder mächtig bekrabbelt, und im Erdgeschoss des Hauses, in dem Canaletto stand um sein Bild zu malen, ist ein Cafè...
Ach ja: Canaletto hatte es nicht nur gut. Von 13 der 17 Dresden-Veduten sowie von acht der elf Motive aus Pirna schuf er Repliken für den Grafen Brühl. Der war seinerzeit ziemlich mächtig – und zahlte den Künstler nicht aus. Der Versuch Canalettos, die insgesamt 4.200 Taler einzuklagen, blieb erfolglos.
Der Markt von Pirna. Aufgenommen am 25.1.2003. Bild: UVS
Spaghetti of the Week.Die Spaghetti waren heute Penne, und zwar die, die auch Commissario Brunetti am liebsten isst. Nr. 57. Es gab mal wieder Pilze, aber man kann die Sauce ja auch anders zubereiten. Im Schnellverfahren, weil nix kompliziert dran ist: Zwei Zwiebeln würfeln (klein). Zwei Knoblauchzehen würfeln (sehr klein). 250 g Champignons schneiden (dünne Scheiben). Eine Dose (jaja...) Pizzatomaten, so um die 250 g Masse drin, großformatig öffnen.
Und nun Olivenöl in den Topf, Zwiebeln rein, Knobi dazu, rühren und Tomaten druff. Viel Pfeffer aus der Mühle, Salz nach Gewohnheit rein und einen Hauch Zucker. Köcheln lassen und hin und wieer durchrühren, bis die Penne in reichlich Salzwasser gegart sind.
Servieren mit noch mehr frisch geriebenem Parmesan.
Und zum Lunch "Die Achse des Bösen".Wenn es stimmt, dann erklärt sich das Leben mal wieder ganz einfach: Vor dem Lunch, schreibt die Süddeutsche, habe ein kanadischer Redenschreiber des Präsidenten der Vereinigten Staaten (Spezialgebiet: Wirtschaft) Schicksal spielen können in der Weltpolitik. David Frum, so heißt der mittlerweile entlassene Mann, habe da den Auftrag bekomen, für die alljährliche Präsidentenrede zur Lage der Union die Terroranschläge des 11. September mit einem möglichen Angriff auf den Irak zu verbinden. Er tat es - und seitdem gibt es die „Achse des Bösen“, wie Frum im nun erschienenen Buch „The Right Man: The Surprise Presidency of George W. Bush“ (Random House, 25,95 Dollar) schreibt. Was wir davon haben, können wir demnächst erleben.
Der Nachwelt abhanden gekommen.In der SZ-Serie "Aufmacher" schreibt Ijoma Mangold heute über Friedrich Sieburg. Sieburg? Wer is denn ditte? Ein Vergessener: "Dafür, dass er einst als übermächtiger Kritikerfürst gefürchtet war, ist Friedrich Sieburg der Nachwelt ziemlich abhanden gekommen. Von dem Bestsellerautor historischer Monographien ist heute im Handel kein Buch mehr erhältlich. Die – wie der Schriftsteller Alfred Andersch kraftmeierte – „größte und stinkendste Kanalratte in dem, was sich heute , deutsche Literatur‘ nennt“, ist dem kulturellen Gedächtnis entschwunden. ... Als Literaturkritiker im Nachkriegsdeutschland war Sieburg die große Gegenfigur zur Gruppe 47."
Und wer die Folgen 1 bis 6 der Aufmacher-Serie lesen will: Am Ende des Beitrags steht eine Linkliste!
Bild am Sonntag.Ein beliebtes Ausflugsziel der Dresdner ist die Dresdner Heide. Das rund 50 Quadratkilometer große Waldgebiet liegt im Norden der Stadt und nimmt immerhin etwas mehr als ein Fünftel der gesamten Stadtfläche ein! Ein Großteil des "neuen" Dresdens (aus der Sicht von vor einigen Jahrhunderten) gehörte früher zur Heide: Die Antonius-Kapelle lag 1476 noch mitten im Wald – unweit des heutigen Neustädter Bahnhofes! Erst im 19. Jahrhundert wurde der Heller abgeholzt, der Albertstadt fielen ab 1873 Bäume zum Opfer. Auch das Gebiet der Äußeren Neustadt, einst als “auf dem Sande” bezeichnet, war noch bis 1835 weitgehend unbebaut und wurde zur Dresdner Heide gezählt.
Ein sehr schöner Bericht über die "Hayde" stand am 10. April 1879 im Radeberger Tageblatt "Das Echo":
"Die Dresdner Heide, deren Aussehen sich in neuerer Zeit mannigfach gerade für den Dresdner geändert hat (man denke nur an Casernopolis) ist von Osten nach West fast vier Stunden, von Nord nach Süd volle drei Stunden lang. ... Ein Verirren in der Heide ist am Tage nicht gut denkbar für Leute, die sich nur einmal das regelmäßige Netz der neuen Waldwege angesehen haben. Denn während die alten Waldwege vom Mittelpunkt des großen Saugartens vor der Hofewiese bei Langebrück ausliefen und sich in allerlei Richtungen, jedes Beschwernis meidend, wie Schlangen durch die Heide wanden, so ist das neue Netz streng mathematisch angelegt." Alter Baum in der Dresdner Heide. Aufgenommen am 19.1.2003. Bild: UVS
Sage mir wo du wohnst...und ich sage dir, wer neben dir auch im Netz ist. Das ist, in wenigen drögen Worten, die Idee hinter GeoURL ICBM. Geo URL zeigt nämlich alle (ebenfalls mitmachenden) Websites an, die rund um die eigene beheimatet sind – und das ist wörtlich zu verstehen, denn das gute alte Wort homepage bekommt einen ganz neuen, nahezu ursprünglichen Sinn.
Und das geht so: Ich gebe auf meiner eigenen Seite Breiten- und Längenangabe des Ortes ein, an dem ich wohne (oder über den ich schreibe). Wie das geht, beschreibt Martin Röll ausführlich – er empfiehlt Maporama, um die entsprechenden geographischen Koordinaten heraus zu bekommen. Gute Empfehlung: Die Seite Visit Dresden beispielsweise zeigt mit den Koordinaten 51.0541 , 13.7362 auf den Zwinger – für eine Stadtführerin in Dresden eben die zentrale Stelle. Und deswegen ist sie, wie ein Klick in den Geo-URL-Button oben auf dieser Seite zeigt, auf diese Weise meilenweit vom Aufleser entfernt ;-)
Was uns das bringt? Erst mal nur Spaß – aber wenn man den euphorischen Ausführungen des oben verlinkten Herrn Röll glaubt, in eine "spannende" Entwicklung. Wir werden es erleben...
An-ständig.Nun weiß ich, was da gefehlt hat: Harald Schmidt ist wieder da. Mampfend (Schwarzwälder Kirsch von C&W, die haben es verdient) sinniert er über Napoleon, den Kanzler, den Pessimismus, den Bundespräsidenten, den Optimismus – und lässt eine Gegendarstellung verlesen. Welcome back!
Geburtstage zu früh - zu spät.Der Spiegel kommt heute, wo Focus sein Zehnjähriges gut eine Woche zu früh zelebriert, mit einem Glückwunsch in eigener Sache gezielt zu spät: Auf Seite neun gratuliert sich, ganzseitig, der Spiegel in der Süddeutschen: "Die Nr. 1. Der Spiegel hat Geburtstag. Vor 56 Jahren - am 4. Januar 1947 - erschien die legendäre Nummer 1." Weiter hinten, auf der linken Seite 20 mit einer Viertelseite etwas bescheidener: Focus.
Ach ja. Die letzte Zeile der Spiegel-Anzeige: "Geblieben ist die Nummer 1: Die Position als das deutsche Nachrichten-Magazin." Glückwunsch!
Wichtige Quelle zum Alltagsleben.Manchmal ist es gut, dass es Serien gibt. Die in der Süddeutschen über Aufmacher stellt heute Karl August Böttiger vor. Wie, den kennen Sie nicht? Macht nichts, Hermann Unterstöger (auch einer von denen, wo man sich auf die Lektüre freut) stellt die"wichtige Quelle zum Alltagsleben des klassisch- romantischen Zeitalters" vor: "In Goethes Augen war Böttiger einer „der gründlichsten Schufte, die Gott erschuf“ – ein Hammer, wie er heutzutage immer wieder auch den Boulevardjournalisten auf den Kopf fällt. Mittlerweile neigt man dazu, Böttigers Aufzeichnungen als wichtige Quelle zum Alltagsleben des klassisch- romantischen Zeitalters zu nehmen. Die Kollegen vom Fach Klatsch & Tratsch mögen, wenn sie wollen und auch ansonsten Böttigers Format haben, sich daran aufrichten."
Der 90. Geburtstag.Nein, nicht Miss Sophie feiert heute – die wird immer zu Silvester neunzig. Diesmal feiert die Coca-Cola-Flasche. Eine kurze Kulturgeschichte unter dem Motto Brauner Saft in erotisch-griffigem Glas liefert Wolfgang U. Eckart – und wir lernen: "Durch ein Versehen hatte der Produktdesigner, der die Cola- Flasche 1913 orientiert am Vorbild des Coca-Blattes – unverkennbar selbst bei Nacht und sogar zerbrochen, so der Auftrag ? entwerfen sollte, in der Encyclopaedia Britannica einige Seiten zu weit geblättert; und so wurde die Flasche nicht nach dem Coca-Blatt, sondern nach der Cacao-Frucht entworfen. Ein folgenreiches Missgeschick. ... Dass sein griffiges outfit eine unverkennbar phallische Symbolik repräsentiert, war vielleicht nie ein beabsichtigtes, wohl aber immer gern in Kauf genommenes Attribut des Saftbehältnisses. Die jungen victorianisch-modellhaft nachgezeichneten attraktiven Frauen der frühen Cola-Werbung mit Coke-Flaschen in ihren zarten Händen erregen bis heute Männerphantasien. Und das sollen sie auch."
Der Freitags-Tucho.Gestern Nacht (eigentlich war es schon heute) beim Zappen im Dritten eine Sendung aus alten Tagen gesehen: Psst mit HaraldSchmidt. Der war jung, trug eine Matte und scheute sich nicht, Robert Lembkes (17.9.1913 –14.1.1989) "Was bin ich" (1955 – 1988) abzukupfern, nur ohne Hund und Schweinderl. Als prominenter Gast kam Jörg Wontorra und outete sich: Sein erster für die Lübecker Nachrichten geschriebene Artikel sei gar nicht von ihm gewesen, sondern von Kurt Tucholsky. "Es gibt keinen Neuschnee" hatte das Stück geheißen, und Wontora hatte lediglich die Überschrift geändert in "Alles schon mal dagewesen" (!). Sein Erstlingswerk wurde gedruckt.
Es gibt keinen Neuschnee
Wenn du aufwärts gehst und dich hochaufatmend umsiehst, was du doch für ein Kerl bist, der solche Höhen erklimmen kann, du, ganz allein -: dann entdeckst du immer Spuren im Schnee. Es ist schon einer vor dir dagewesen.
Glaube an Gott. Verzweifle an ihm. Verwirf alle Philosophie. Laß dir vom Arzt einen Magenkrebs ansagen und wisse: es sind nur noch vier Jahre, und dann ist es aus. Glaub an eine Frau. Verzweifle an ihr. Führe ein Leben mit zwei Frauen. Stürze dich in die Welt. Zieh dich von ihr zurück . . .
Und alle diese Lebensgefühle hat schon einer vor dir gehabt; so hat schon einer geglaubt, gezweifelt, gelacht, geweint und sich nachdenklich in der Nase gebohrt, genau so. Es ist immer schon einer dagewesen.
Das ändert nichts, ich weiß. Du erlebst es ja zum ersten Mal. Für dich ist es Neuschnee, der da liegt. Es ist aber keiner, und diese Entdeckung ist zuerst sehr schmerzlich. In Polen lebte einmal ein armer Jude, derhatte kein Geld, zu studieren, aber die Mathematik brannte ihm im Gehirn. Er las, was er bekommen konnte, die paar spärlichen Bücher, und er studierte und dachte, dachte für sich weiter. Und erfand eines Tages etwas, er entdeckte es, ein ganz neues System, und er fühlte: ich habe etwas gefunden. Und als er seine kleine Stadt verließ und in die Welt hinauskam, da sah er neue Bücher, und das, was er für sich entdeckt hatte, das gab es bereits: es war die Differentialrechnung. Und da starb er. Die Leute sagen: an der Schwindsucht. Aber er ist nicht an der Schwindsucht gestorben.
Am merkwürdigsten ist das in der Einsamkeit. Daß die Leute im Getümmel ihre Standard-Erlebnisse haben, das willst du ja gern glauben. Aber wenn man so allein ist wie du, wenn man so meditiert, so den Tod einkalkuliert, sich so zurückzieht und so versucht, nach vorn zu sehen -: dann, sollte man meinen, wäre man auf Höhen, die noch keines Menschen Fuß je betreten hat. Und immer sind da Spuren, und immer ist einer dagewesen, und immer ist einer noch höher geklettert als du es je gekonnt hast, noch viel höher.
Das darf dich nicht entmutigen. Klettere, steige, steige. Aber es gibt keine Spitze. Und es gibt keinen Neuschnee.
Kaspar Hauser, Die Weltbühne, 07.04.1931, Nr. 14, S. 515 (c) Rowohlt Verlag
Susannes scharfe Sauerkrautsuppe.Gestern haben wir gelernt, warum Nasen laufen, wenn man aus der Kälte ins Warme kommt. Und heute werden wir erfahren, dass man zur Erzielung des gleichen Effekts gar nicht in die Eiseskälte heraus muss. Es reicht nämlich, eine schöne heiße Suppe zu essen. Weil wir aus gewöhnlich gut unterrichteten Kreisen von der sagenhaften Durchschlagskraft der scharfen Sauerkrautsuppe gehört hatten, probierten wir die Suppe. Natürlich macht sie jeder etwas anders. Ich so:
Die Menge der Zutaten ist, wie so oft seit Einstein, sehr relativ. Es kommt (natürlich) auf die Zahl der Mitesser(innen) und deren Appetit an, aber auch auf deren Geduld und Wiederholungsbereitschaft. Immerhin wusste schon die Witwe Bolte den guten Geschmack von Aufgewärmtem zu schätzen...
Wir nehmen also ein, zwei der größeren und milderen Gemüsezwiebeln. Die müssen geschält und geschnitten werden – weil Winter ist, verzichten wir großzügig auf die sonst üblichen fünf Millimeter Kantenlänge und geben uns mit Gröberem zufrieden. Nun die erste Überraschung: Knoblauch kommt in diese Suppe! Ein Zehchen pro Teller ist nicht übertrieben, es darf auch mehr sein. Wir empfehlen: Knobi nicht durch die Presse drücken, sondern schälen und in dünne Scheiben schneiden. Sehr dünne Scheiben.
Überraschung Nummer zwei: Suppengemüse soll da rein! Geputzt und klein geschnitten, bitteschön.
Wenn das Originalrezept verlangt, das Sauerkraut klein zu schneiden, sollte man das durchaus ernst nehmen. Ich tat es nicht. Habe statt dessen lieber die Dosentomatendose geöffnet!
Nach all diesen Präparationen geht es los im Topf: Olivenöl (für diese Suppe empfehle ich solches aus Kreta!) hinein, erwärmen und dann auf mittlerer Hitze Zwiebeln, Knoblauch, Suppengemüse in dieser Reihenfolge hinzugeben, rühren, andünsten. Sauerkraut (bei uns war es ein Pfund) mit gegebenenfalls vorhandenem Saft hinzufügen und guuuuut rühren. Nach etwa zehn Minuten die Tomaten aus der Dosentomatendose in den Topf schütten und – rühren.
Zur Versuppung dieser Masse empfehlen sich ein bis zwei Gläser Gemüsefonds, die mit gleicher Menge Wasser verdünnt werden. Sollte im Verlauf der Herstellung zufälllig ein Champagner geöffnet worden sein, könnte man den auch hinzufügen (ein Schlückchen natürlich nur). Und sollte der Champagner ein Rieslingsekt oder ein Prosecco sein: Hinein damit, hinein!
Erwähnte ich schon, wie rührend es wäre, die Suppe zu rühren?
Danke für das Rühren.
Nun die Abschmeckwürze: Salz, Pfeffer (ich tät' weißen nehmen, frisch gemahlen), Oregano und Sambal Oelek.
Rühren.
Rühren.
Rühren.
Und nach einem Stündchen servieren – mit einem Klacks Saurer Sahne oder Crème fraîche.
Und wenn jetzt noch jemand sagt, dass das ja wie Soljanka mit ohne Fleisch schmecke – stimmt!
Und wenn jemand, sagen wir mal: Chorizo oder Salami hineinschnippeln möchte, weil ja wegen der Existenzförderung von Landwirten, Schlachtern und Metzgern nicht alle Vegetarier sein können: Auch das geht. Sogar gut. Nur dann ist es wirklich bald 'ne Soljanka...
Warum läuft die Nase,wenn ich nach dem Gang durch die - zugegeben: klirrende - Kälte ins Warme komme? Da fragen wir doch mal Herrn Google und bekommen ungefähr 69.400 Antworten. Es wird den Herrn Röll freuen, dass der erste Link mit vernünftiger Antwort auf Luxemburg weist. Wir zitieren:
"WARUM läuft die Nase?
Wenn die Nase läuft, heißt das, dass die Nasenschleimhaut Flüssigkeit produziert, die abgesondert wird. Normalerweise ist das der Fall, wenn man erkältet ist. Dann sind die Schleimhäute gereizt und schwellen an. Die Sekretproduktion der Nase erhöht sich sozusagen aus Notwehr: Der Körper versucht die Viren herauszuspülen, die sich dort eingenistet haben. Auch beim Eintreten aus der Kälte in einen warmen Raum kann die Nase plötzlich tropfen. Die Schleimhäute müssen in der Kälte viel leisten, da sie die eingeatmete Luft vorwärmen und befeuchten. Sie sind dann stark durchblutet und aktiviert und produzieren Schleim; deshalb läuft die Nase."
Wo bitte geht's zur Stadt?Den abenteuerlichen Weg vom Dresdner Hauptbahnhof zur Stadt schildert Tilo Harder in der Sächsischen Zeitung und erlebt sibirische Verhältnisse in Elbflorenz: "Am Ende des Bahnsteiges wartet in einem Holzverschlag ein frierender Mann darauf, dass ihm jemand ein Paar von seinen feilgebotenen Wollsocken abkauft. Gegenüber im Container gibt es Zeitungen und Bücher. Links der Durchgang ist mit Brettern vernagelt. Gleich neben dem Sockenstand ein Imbisswagen: Krimskoje, Wodka und Matrjoschkas stehen in der Auslage. Die Pelmeni dampfen auf der Pappe. Sie müssen schnell gegessen werden, sonst sind sie kalt. Weiter hinten werden Fahrkarten in einem weiteren Container verkauft. Ein Schild verbietet das Aufwärmen und verweist auf den Wartesaal in der Kuppelhalle."
Keine gute Werbung für die Stadt - und Besserung ist nicht abzusehen: Am Wiener Platz vor dem Bahnhof wird und wird und wird weiter gebuddelt, weil die Stadt nicht aus dem Quark kommt. "Wo ist Elbflorenz?" fragt sich der Autor - "Liegt der Eindruck, hier sei Nowosibirsk, nur an Frost und Pelmeni?"
Die schärfsten Kritiker...Schon gestern in der Süddeutschen Zeitung, aber besser spät als gar nicht vermeldet: Teil fünf der Serie über bedeutende Journalisten. Dieses Mal:Gotthold Ephraim Lessing. Kostprobe: "Einer seiner ersten Zeitungsartikel, den Gedichten von Johann Christoph Gottsched gewidmet, endet 1751 mit den Worten: „Diese Gedichte kosten in den Vossischen Buchläden zwei Taler und vier Groschen. Mit zwei Talern bezahlt man das Lächerliche und mit vier Groschen ungefähr das Nützliche.“ Das ist erstens immer noch ziemlich lustig, was ja etwas heißen will, weil nicht viele Witze 250 Jahre halten, und zweitens ist es für Lessings Modernität kennzeichnend, weil Gottsched selber die Kritik erst ein paar Jahrzehnte zuvor in Deutschland etabliert hatte, gleichsam wie ihr Papst in Leipzig thronte und nun von seinem eigenen Epigonen rücksichtslos wegrasiert wurde. Gotthold Ephraim Lessing, geboren 1729 in Kamenz, Sachsen, gestorben 1781 in Berlin, war nicht der erste, aber der erste vernichtende Kritiker deutscher Sprache."
Schön geforscht.Die Frage ist nicht, ob man studiert und danach weiter forscht, sondern was: Dresdner Bauingenieure werden mit Medizinleistungen motiviert. Martin Voracek von der Universität Wien und Maryanne Fisher von der York University in Toronto haben alle 577 Playboy-Ausgaben bis Dezember 2001 ausgewertet. Und sie stellten fest: Die Models im Playboy sind seit dem ersten Heft des Herrenmagazins im Jahr 1953 knabenhafter geworden und haben immer kleinere Brüste und schmalere Hüften. Während in den fünfziger Jahren vor allem Damen vom Typ Marilyn Monroe den Geschmack der Herren trafen, sind es heute offensichtlich dünne und großgewachsene Frauen wie Kate Moss. Die Ergebnisse erschienen im British Medical Journal, welches sich in seiner Weihnachtsausgabe traditionell auch Themen widmet, "die wirklich von Bedeutung sind".
Bild am SonntagSchlittschuh laufen vor dem Moritzburger Schloss gehört zum beliebten Wintervergnügen der Dresdner. Die Moritzburger Teichlandschaft eignet sich besonders gut, weil die Teiche nach dem Abfischen nicht sehr tief sind und schnell frieren. Und schön ist es auch, zumal rund ums Schloss, das schon für den Film "Drei Haselnüsse für Aschenbrödel" die Kulisse bildete.
Eislauf vor Schloss Moritzburg. Aufgenommen am 26.12.2002. Bild: UVS
Der Freitags-Tucho.Ist schon interessant, wie auch alte Seitenplötzlichüberall als Neuigkeiten verkauft werden, obwohl sie offensichtlich seit 2001 nicht mehr bedient werden. Man muss ja nicht auf jeden Hype reinfallen, weswegen wir die Tradition der Originale pflegen und achtzig Jahre alte Texte aktuell finden...
Die Familie
Die Griechen, die so gut wußten, was ein
Freund ist, haben die Verwandten mit
einem Ausdruck bezeichnet, welcher der
Superlativ des Wortes 'Freund' ist. Dies
bleibt mir unerklärlich.
Friedrich Nietzsche
Als Gott am sechsten Schöpfungstage alles ansah, was er gemacht hatte, war zwar alles gut, aber dafür war auch die Familie noch nicht da. Der verfrühte Optimismus rächte sich, und die Sehnsucht des Menschengeschlechtes nach dem Paradiese ist hauptsächlich als der glühende Wunsch aufzufassen, einmal, nur ein einziges Mal friedlich ohne Familie dahinleben zu dürfen. Was ist die Familie?
Die Familie (familia domestica communis, die gemeine Hausfamilie) kommt in Mitteleuropa wild vor und verharrt gewöhnlich in diesem Zustande. Sie besteht aus einer Ansammlung vieler Menschen verschiedenen Geschlechts, die ihre Hauptaufgabe darin erblicken, ihre Nasen in deine Angelegenheiten zu stecken. Wenn die Familie größeren Umfang erreicht hat, nennt man sie 'Verwandtschaft' (siehe im Wörterbuch unter M). Die Familie erscheint meist zu scheußlichen Klumpen geballt und würde bei Aufständen dauernd Gefahr laufen, erschossen zu werden, weil sie grundsätzlich nicht auseinandergeht. Die Familie ist sich in der Regel heftig zum Ekel. Die Familienzugehörigkeit befördert einen Krankheitskeim, der weit verbreitet ist: alle Mitglieder der Innung nehmen dauernd übel. Jene Tante, die auf dem berühmten Sofa saß, ist eine Geschichtsfälschung: denn erstens sitzt eine Tante niemals allein, und zweitens nimmt sie immer übel - nicht nur auf dem Sofa: im Sitzen, im Stehen, im Liegen und auf der Untergrundbahn.
Die Familie weiß voneinander alles: wann Karlchen die Masern gehabt hat, wie Inge mit ihrem Schneider zufrieden ist, wann Erna den Elektrotechniker heiraten wird, und daß Jenny nach der letzten Auseinandersetzung nun endgültig mit ihrem Mann zusammenbleiben wird. Derartige Nachrichten pflanzen sich vormittags zwischen elf und eins durch das wehrlose Telefon fort. Die Familie weiß alles, mißbilligt es aber grundsätzlich. Andere wilde Indianerstämme leben entweder auf den Kriegsfüßen oder rauchen eine Friedenszigarre: die Familie kann gleichzeitig beides.
Die Familie ist sehr exklusiv. Was der jüngste Neffe in seinen freien Stunden treibt, ist ihr bekannt, aber wehe, wenn es dem jungen Mann einfiele, eine Fremde zu heiraten! Zwanzig Lorgnons richten sich auf das arme Opfer, vierzig Augen kneifen sich musternd zusammen, zwanzig Nasen schnuppern mißtrauisch: »Wer ist das? Ist sie der hohen Ehre teilhaftig?« Auf der anderen Seite ist das ebenso. In diesen Fällen sind gewöhnlich beide Parteien davon durchdrungen, tief unter ihr Niveau hinuntergestiegen zu sein.
Hat die Familie aber den Fremdling erst einmal in ihren Schoß aufgenommen, dann legt sich die große Hand der Sippe auch auf diesen Scheitel. Auch das neue Mitglied muß auf dem Altar der Verwandtschaft opfern; kein Feiertag, der nicht der Familie gehört! Alle fluchen, keiner tuts gern - aber Gnade Gott, wenn einer fehlte! Und seufzend beugt sich alles unter das bittere Joch . . .
Dabei führt das 'gesellige Beisammensein' der Familie meistens zu einem Krach. In ihren Umgangsformen herrscht jener sauersüße Ton vor, der am besten mit einer Sommernachmittagsstimmung kurz nach einem Gewitter zu vergleichen ist. Was aber die Gemütlichkeit nicht hindert. Die seligen Herrnfelds stellten einmal in einem ihrer Stücke eine Szene dar, in der die entsetzlich zerklüftete Familie eine Hochzeitsfeierlichkeit abzog, und nachdem sich alle die Köpfe zerschlagen hatten, stand ein prominentes Mitglied der Familie auf und sagte im lieblichsten Ton der Welt: »Wir kommen jetzt zu dem Tafellied -!« Sie kommen immer zum Tafellied.
Schon in der großen Soziologie Georg Simmels ist zu lesen, daß keiner so wehtun könne, wie das engere Kastenmitglied, weil das genau um die empfindlichsten Stellen des Opfers wisse. Man kennt sich eben zu gut, um sich herzinniglich zu lieben, und nicht gut genug, um noch aneinander Gefallen zu finden.
Man ist sich sehr nah. Nie würde es ein fremder Mensch wagen, dir so nah auf den Leib zu rücken, wie die Kusine deiner Schwägerin, a conto der Verwandtschaft, Nannten die alten Griechen ihre Verwandten die 'Allerliebsten'? Die ganze junge Welt von heute nennt sie anders. Und leidet unter der Familie. Und gründet später selbst eine und wird dann grade so.
Es gibt kein Familienmitglied, das ein anderes Familienmitglied jemals ernst nimmt. Hätte Goethe eine alte Tante gehabt, sie wäre sicherlich nach Weimar gekommen, um zu sehen, was der Junge macht, hätte ihrem Pompadour etwas Cachou entnommen und wäre schließlich durch und durch beleidigt wieder abgefahren. Goethe hat aber solche Tanten nicht gehabt, sondern seine Ruhe - und auf diese Weise ist der 'Faust' entstanden. Die Tante hätte ihn übertrieben gefunden.
Zu Geburtstagen empfiehlt es sich, der Familie etwas zu schenken. Viel Zweck hat das übrigens nicht; sie tauscht regelmäßig alles wieder um.
Irgendeine Möglichkeit, sich der Familie zu entziehen, gibt es nicht. Mein alter Freund Theobald Tiger singt zwar:
Fang nie was mit Verwandtschaft an -
denn das geht schief,
denn das geht schief!
aber diese Verse sind nur einer stupenden Lebensunkenntnis entsprungen. Man fängt ja gar nichts mit der Verwandtschaft an - die Verwandtschaft besorgt das ganz allein.
Und wenn die ganze Welt zugrunde geht, so steht zu befürchten, daß dir im Jenseits ein holder Engel entgegenkommt, leise seinen Palmenwedel schwingt und spricht: »Sagen Sie mal - sind wir nicht miteinander verwandt -?« Und eilends, erschreckt und im innersten Herzen gebrochen, enteilst du. Zur Hölle.
Das hilft dir aber gar nichts. Denn da sitzen alle, alle die andern.
Peter Panter, Die Weltbühne, 12.01.1923, Nr. 2, S. 53 (c) Rowohlt Verlag
Meanwhile back in the year One --- when you belonged to no-one ---
you didn't stand a chance son, if your pants were undone.
`Cause you were bred for humanity and sold to society ---
one day you'll wake up in the Present Day ---
a million generations removed from expectations
of being who you really want to be.
Skating away ---
skating away ---
skating away on the thin ice of the New Day.
So as you push off from the shore,
won't you turn your head once more --- and make your peace with everyone?
For those who choose to stay,
will live just one more day ---
to do the things they should have done.
And as you cross the wilderness, spinning in your emptiness:
you feel you have to pray.
Looking for a sign
that the Universal Mind (!) has written you into the Passion Play.
Skating away on the thin ice of the New Day.
And as you cross the circle line, the ice-wall creaks behind ---
you're a rabbit on the run.
And the silver splinters fly in the corner of your eye ---
shining in the setting sun.
Well, do you ever get the feeling that the story's
too damn real and in the present tense?
Or that everybody's on the stage, and it seems like
you're the only person sitting in the audience?
Skating away on the thin ice of the New Day.
Und dazu auf dem not so thin ice of the old year:
Schlittschuhlaufen auf dem Moritzburger Mittelteich. Aufgenommen am 26.12.2002. Bild: UVS